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Vollständige Liste der Ansprechpartner der DLRG Ortsgruppe Friedrichshafen findest du hier .
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Der 21. Juli 2010 ist ein heißer Sommertag. Der Überlinger See liegt träge da, als vier Segler etwa in der Seemitte zwischen Sipplingen und der Marienschlucht ihr Boot stoppen. Sie wollen ein Bad nehmen. Der 76-jährige Senior im Quartett steigt ins Wasser – und geht unter. Erst halten die Begleiter selbst Ausschau, dann setzen sie einen Notruf ab. Stunden später, mit Einbruch der Dunkelheit, brechen die Schiffsbesatzungen von DLRG und Wasserschutzpolizei die Suche nach dem Vermissten vorläufig ab. Auch der Einsatz eines Hubschraubers brachte keinen Erfolg. Bis heute ist der Körper des Seglers nicht wieder aufgetaucht. Bis heute werden 91 Menschen im See vermisst Unglücksfälle wie diesen, bei denen Menschen ins Wasser steigen oder fallen, untergehen und dann trotz intensiver Suche nicht zu finden sind, hat Manfred Misiak in seinem langen Berufsleben häufiger erlebt. Der 57-jährige Dienstgruppenleiter bei der Wasserschutzpolizei Konstanz weiß, dass Wind und Strömung die Suche erschweren können. Dazu kommt, dass die Orientierung auf größeren Wasserflächen nicht leicht ist. Zeugen tun sich oft schwer, die Örtlichkeit genau zu beschreiben. „Fischer haben ein Auge dafür“, sagt Manfred Misiak. Am Nachmittag des 6. August 2002 wurde ein Fischer selbst Opfer eines Schiffsunglücks. Der 42-Jährige war gemeinsam mit seiner zehnjährigen Tochter vor Friedrichshafen unterwegs, als sein Boot bei Nebel, Wind und Regen mit dem Fahrgastschiff MS Karlsruhe zusammenstieß. Der Fischer ging über Bord. Der Polizeibericht vermerkt Blutschlieren im Wasser. Das deutet darauf hin, dass der 42-Jährige sich bei der Kollision Verletzungen zuzog. Gefunden wurde der Fischer nicht, obwohl bei der Suche auch Taucher im Einsatz waren.
Der verunglückte Fischer und der verunglückte Segler sind nur zwei von vielen Menschen, für die der Bodensee in den vergangenen Jahrzehnten vermutlich zum nassen Grab geworden ist. Die Liste der Vermissten, die seit 1947 von den Polizeibehörden der Bodensee-Anrainerländer gemeinsam geführt wird, verzeichnet derzeit 91 Namen. Allein 2010 kamen drei neue Einträge hinzu.
Die Schwierigkeit des Findens
Eigentlich wäre zu erwarten, dass ein toter Mensch binnen weniger Tage wieder an die Wasseroberfläche aufsteigt. Dafür sorgen große Mengen von Gasen, die sich zu Beginn der Zersetzung des Körpers bilden. „Das ist im Prinzip wie bei einem Käse. Wenn der gärt, schäumt er auf“, beschreibt der Gerichtsmediziner Professor Matthias Graw die Prozesse. Der Leiter des Pathologischen Instituts München hält auch einen Erklärungsansatz dafür bereit, warum im Bodensee Ertrunkene möglicherweise lange Zeit oder überhaupt nicht mehr auftauchen. Wenn eine Leiche in kaltes Wasser absinkt, wird die Gasbildung reduziert. Die tiefen Wasserschichten des Sees wirken wie die Kühlkammer in der Gerichtsmedizin. Der Körper wird – zumindest vorübergehend – konserviert.
Sicher ist, dass die Strömungsverhältnisse die Suche nach Vermissten im See erschweren. Frank Peeters, Professor für Umweltphysik am Limnologischen Institut der Universität Konstanz, verweist auf gegenläufige horizontale Strömungen. Während die Bewegung des Wassers oben in die eine Richtung verläuft, führt sie in größerer Tiefe in die andere Richtung zurück. „Das Oberflächenwasser schwappt in die eine Richtung, das Tiefenwasser in die andere.“ so beschreibt Frank Peeters die Gegebenheiten. Der vertikale Ausschlag der Bewegung kann leicht zehn Meter betragen. Er beschleunigt unter Umständen das Absinken eines Körpers. Hinzu kommt, dass Strömungen zusätzlich stark von lokalen Windbedingungen abhängen. Ein Sturm vor Lindau kann zwei Tage später noch gegenläufige Strömungen bei Sipplingen verursachen. Peeters untersucht eigentlich, wie physikalische Bedingungen auf die Biologie im Bodensee wirken. Ableitungen über die Bewegung von Leichen im Wasser sind da allenfalls Nebenprodukt. Leblose Körper auf dem Seegrund?
Doch was passiert mit einem Toten, wenn der erst einmal auf dem Seegrund liegt? „Je nach Fließgeschwindigkeit des Wassers und dem Ort des Ertrinkens wird der Körper schneller oder langsamer mit Ablagerungen überdeckt“, sagt Professor Joachim Wahl. Der Anthropologe beim Landesamt für Denkmalpflege in Konstanz untersucht Skelettfunde, für die die Polizei sich nicht mehr zuständig fühlt. Mitunter kommt es auch vor, dass Wahl im Auftrag der Staatsanwaltschaft ein anthropologisches Gutachten erstellt. „Knochen sind unser tägliches Brot“, sagt der Wissenschaftler.
In der Regel sind es aber keine neuzeitlichen Funde, die ihn beschäftigen. Die Erfahrung zeigt: Ein Skelett bleibt im Wasser nicht im anatomischen Verbund liegen. Unter Umständen können Knochen von der Strömung verdriftet werden. So hat der Wissenschaftler es oft nur mit Einzelelementen zu tun. Doch selbst nach jahrzehntelanger Liegezeit auf dem Seegrund können Tote noch identifiziert werden. „Zumindest so lange, wie noch Analysen an Knochen durchgeführt werden können“, sagt Wahl. Doch das setze Vergleichsproben voraus."
Quelle: http://www.suedkurier.de/region/kreis-konstanz/kreis-konstanz/91-Menschen-im-Bodensee-vermisst;art372432,4746640
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